Kinetics
Magnus Lindberg
Kinetics
Description
The writing of Kinetics began in the spring of 1988, continued in Switzerland in the autumn and was completed in Helsinki in January 1989. While Kraft was above all a work full of energy, mass and colour, Kinetics is more concerned with harmony and movement (hence its title). In an interview, the composer has cited B. A. Zimmermann's Photoptosis as an exemplary work for understanding the simultaneous existence of different harmonies.
Lindberg wrote: "The other main point was the question of whether it could be possible to orchestrate a piece in such a way that the music itself would support its own acoustics. [...] My solution was to work in terms of foreground and background harmony. Every foreground chord would always have its background, a kind of shadow not existing without its main chord." To design the harmonic structure, Lindberg used a software program developed at Ircam by Gérard Assayag, which enables a fundamental to be determined for a given number of simultaneous frequencies, representing the fundamental's partials. Harmony is space, which becomes time thanks to rhythm. Rhythmic and harmonic elements combine in a complementary relationship: when the rhythmic material is repeated, the harmony quickly changes, and when the chords are repeated, the speed of rhythmic variation increases.
Kinetics was first performed at the Helsinki Biennale, where it was conducted by Esa-Pekka Salonen, to whom the work is dedicated.
© Risto Nieminen, 1993
translated by © Nick Le Quesne
© Ircam - Centre Georges-Pompidou, 1993
(From Magnus Lindberg, Helsinki 1996)
Kinetics von 1988/89 ist das erste Werk, das ich seit Kraft (1985) für Orchester geschrieben habe. Bei Kraft hatte ich besonders mit den Massenphänomenen und der Erweiterung der Farbskala des Orchesters gearbeitet. Bei Kinetics wollte ich mich auf vielerlei verschiedene Weise mit Harmonie und Bewegung befassen.
Harmonisch basiert das Werk auf zwei unterschiedlichen Ideen. Die eine beruht auf einern zyklischen Prinzip, nach dem Akkordketten mehrmals wiederholt werden, ähnlich einer Chaconne. Mit Hilfe des Computerprogramms, das ich für UR (1986) entwickelt habe, war ich in der Lage, ein ziemlich begrenztes Grundmaterial an Akkorden auszudehnen auf völlig unterschiedliche Formen und Erscheinungsbilder. Die andere Idee ging aus von der Frage, wie sich ein Stück orchestrieren ließe, so daß die Musik selbst die Art ihres akustischen Erklingens bestimmt. Sicherlich bieten elektronische Verstärkung und Klangtransformation die Möglichkeit, Grenzen des Akustischen zu überschreiten. Ich entschloß mich jedoch, bei diesem Stück nicht mehr an Elektronik als einen einzigen Sythesizer zu verwenden, zusätzlich zum herkömmlichen Orchester. Dieser Entschluß gestattete mir, zu jedem Akkord im Vordergrund gleich einem Schatten einen Klang im Hintergrund zu schaffen, der ohne jenen nicht existieren könnte.
Gérard Assayag hat im Pariser Ircam-Institut ein Analyseprogramm entwickelt, durch das sich aus einem Grundklang seine Teiltöne, in welcher Zahl auch immer, bestimmen lassen. Ich benutzte dieses Programm, um dadurch eine Schicht von Hintergrundklängen für mein Stück zu erhalten. Ein Teilakkord der “Wordergrund-Musik” in deutlich erkennbater Instrumentation wird so durch das Auffüllen seiner Klanglücken gefärbt und dadurch um das Mitschwingen und Mithören seines Obertonspektrums erweitert. Manchmal verschwindet dieser Schattenklang fast gänzlich hinter dem Hauptklang, manchmal überdeckt er ihn auch – vergleichbar einem Tag mit bewölktem oder sonnigem Himmel.
Dieses Verfahren führt häufig zu sehr dichten Akkordformen mit zahlreichen Mikrointervallen. Der Schatten eines Akkords kann mit den 40 ersten Partialtönen des Grundklangs den Hauptakkord völlig zudecken. Aber allzu umfängliche Akkorde werden – anders als bei Kraft – sehr zurückhaltend instrumentiert (als ausgehaltene pp-Töne der Streicher oder orgelähnliche Klänge der Bläser und des Synthesizers), um die Hauptschicht nicht untergehen zu lassen.
Mein zweites Augenmerk galt bei diesem Stück der Bewegung. Seit jeher haben mich Bewegung und schnelle Gestik fasziniert. Jedoch war repetitive Musik niemals eine Spielart meines musikalischen Ausdrucks. Ich finde die Statik in der Repetition langweilig und deshalb habe ich versucht, die Wiederholungen in einer Schicht durch häufige Aktivitätswechsel in einer anderen zu kompensieren. So gehen mit der Wiederholung rhythmischer Modelle schnelle Wechsel des Harmonischen parallel, oder, wenn die Akkordkette sehr statisch ist, ändern sich Rhythmus und Farbe dementsprechend rasch.
Die Modelle werden in Kinetics – wiederum anders als in Kraft – nur höchst selten graduell entwickelt, meistens durchlaufen sie verschiedene Tempo-Modifikationen und verwandeln sich plötzlich in eine neue Figur, die, einige Zeit beibehalten, dann dem nächsten Wechsel unterliegt. Dies gibt der Musik zuweilen etwas eher Mechanisches in ihrem Ablauf, was ich durch starke Gegensätze in der Artikulation sogar noch unterstrichen habe. Das Werk ist Esa-Pekka Salonen gewidmet.
© Magnus Lindberg
(translated for the German premiere October 19, 1989)
L'écriture de Kinetics débuta au printemps 1988, continua en Suisse en automne et fut complétée à Helsinki en janvier 1989. Si Kraft était essentiellement une oeuvre pleine d'énergie, de masse et de couleurs, Kinetics s'intéresse plus à l'harmonie et au mouvement (d'où son titre). Dans un entretien, le compositeur a cité Photoptosis de B. A. Zimmermann comme oeuvre exemplaire pour comprendre l'existence simultanée des différentes harmonies.
D'après Lindberg, Kinetics est une pièce qui génère sa propre acoustique : «J'ai décidé de séparer deux types d'harmonies différentes, la première au premier plan et l'autre en retrait. Chaque accord entendu au premier plan a son propre arrière-plan, une sorte d'ombre, qui n'existe qu'en fonction de son accord principal.» Pour concevoir le plan harmonique, Lindberg utilisait un logiciel, développé par Gérard Assayag à l'Ircam, qui permet de déterminer une fondamentale pour un nombre quelconque de fréquences simultanées, représentant alors les partiels de cette fondamentale. L'harmonie est l'espace, qui devient temps grâce au rythme. Les éléments rythmiques et harmoniques se combinent dans un rapport complémentaire : lorsque le matériau rythmique est répété, l'harmonie change rapidement, et lorsque les accords se répètent, la vitesse de variation rythmique s'accélère.
Kinetics fut créée au cours de la Biennale d'Helsinki, sous la direction d'Esa-Pekka Salonen, à qui l'oeuvre est dédiée.
© Risto Nieminen, 1993
© Ircam - Centre Georges-Pompidou, 1993
(From Magnus Lindberg, Ircam 1993)
Instrumentation
3333 4331 13 1, asax, pno, synth, str min:14-12-10-8 6 [pic, afl, cl in Es, bcl, cbsn]
Category
Works for Orchestra or Large Ensemble
Premiere
Finnish Radio Symphony Orchestra, cond. Esa-Pekka Salonen, Helsinki Biennale, March 13, 1989.
Commisioned by / dedications
Commissioned by the Finnish Broadcasting Company.